Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine weit verbreitete neuropsychologischen Störungen. Über verschiedene Studien hinweg beobachten wir, dass zwischen ca. 2,5 % der erwachsenen Bevölkerung eine solche neuronale Besonderheit haben ( Choi et. al., 2022) .
Lange nahm man an, dass sich die Symptome dieser Entwicklungsstörung rauswachsen, allerdings finden Langzeitstudien, dass die Schwierigkeiten bei 40-60% der früh diagnostizierten auch im Erwachsenenalter bestehen bleiben. Was stimmt ist, dass sich viele der Symptome im Laufe der Sozialisierung und des erwachsen Werdens anders äußern als bei Kindern und daher auch gerne übersehen werden.
Die Diagnose hangelt sich an drei Kernkriterien entlang: Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität.
Aufmerksamkeitsstörung
Personen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit zu lenken. Das heißt, entweder springt die Aufmerksamkeit hin und her (Gerne wird das Bild bemüht, dass ständig der Sender im Kopf gewechselt hat, aber jemand anderes hat die Fernbedienung) oder sie haftet über Stunden an einer Sache (der Tunnel bzw, Hyperfokus).
- Ablenkbarkeit: Große Schwierigkeiten Aufmerksamkeit bewusst längere zu halten
- Reizfilterstörung: Betroffene können relevante von irrelevanten Informationen schwer unterscheiden.
- Prokrastination: Aufgaben werden häufig verschoben oder begonnen und nicht zu ende gebracht.
- Verlegen von Gegenständen: Viel Zeit des Alltags geht in der Suche für Gegenstände drauf.
- Probleme mit dem „Roten Faden“: Es fällt schwer, bei komplexen Aufgaben strukturiert zu bleiben.
- Mangelhafte Organisationsfähigkeit: Zeitwahrnehmung und -planung ist eine große Schwierigkeit. Pünktlichkeit ist sehr herausfordernd.
Hyperaktivität
Hyperaktivität äußerst sich weniger in motorischer Unruhe und mehr in einem inneren Drang, immer „in Bewegung“ sein zu müssen – hier fällt der berühmte Zappelphilipp hinein:
- Hoher Bewegungsdrang: Betroffene sind ständig auf Achse oder nesteln beim Sitzen immer an etwas rum. Hier fällt das berühmte
- Innere Unruhe: Wenn der Bewegungsdrang über die Zeit unterdrückt wird, Viele Betroffene berichten von einem ständigen Gefühl der Rastlosigkeit.
- Redet übermäßig viel: ständiges Erzählen kann auch Ausdruck des starken inneren Antriebs sein
- Vermeidung von Situationen, in denen man still sitzen muss: Längere Meetings oder Reisen können eine große Belastung darstellen.
Impulsivität
Impulsivität beschreibt das Handeln ohne vorherige Überlegung und kann in verschiedenen Kontexten problematisch sein:
- Dazwischenreden: Betroffene fallen anderen häufig ins Wort, oder antworten bevor die Frage zu ende gestellt ist
- Impulsdurchbrüche: Spontane Entscheidungen, z. B. beim Einkaufen, können finanzielle und emotionale Konsequenzen haben.
- Häufiger Arbeitsplatzwechsel: Schwierigkeiten, langfristig in einem Job zu bleiben, sind keine Seltenheit.
- Geringe Frustrationstoleranz: Besonders im Straßenverkehr kann dies zu impulsiven Reaktionen führen.
- Schwierigkeiten in Wartesituationen: Schlange stehen ist schwer erträglich
Wichtig zur Einordnung
Eine Blume macht noch keinen Blumenstrauß. Nur weil einzelne Symptome (Blumen) auf uns zutreffen, heißt das noch nicht, dass wir die Diagnose (Blumenstrauß) auf uns zutrifft. Für sich genommen, sind alle Symptome durchaus bei vielen weit verbreitet und wenig Besorgnis erregend.
Auf das Maß kommt es an. Neben der Menge der Symptome ist auch wichtig in welchem Ausmaß sie zutreffen. Wann aus doll schlimm wird, können wir am besten durch daraus entstehenden Probleme abschätzen. Nicht alles erzeugt Leidensdruck und ist behandlungsbedürftig.
Gibt es eine alternative Erklärung für die Symptome? Wichtig bleibt es auch andere Diagnosen, die die Symptome ebenso erklären könnten auszuschließen (bspw. Depression, Angsterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen oder dissoziative Störungen)